Nachhaltige Naherholungsgebiete im Norden der Stadt?

Grüne Oasen im Stadtgebiet bieten vor allem in den Sommermonaten als Naherholungsbereich das Rückgrat einer lebenswerten Stadt. Die Pflanzen in den Parkanlagen ermöglichen nicht nur Erholung und Ruhe vom stressigen Alltag, sondern leisten einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Hitze und des CO2-Gehalts in Städten. Zwischen Bäumen und Sträuchern bieten Fitness- und Spielstationen, Kräuterschnecken und Blumendekoration Ablenkung vom Alltag und tragen im besten Fall als beliebter und gern besuchter „Grätzeltreffpunkt“ zu einer Aufwertung des Stadtteils bei. Vor allem Städte mit wachsender Bevölkerungszahl benötigen öffentliche Räume, die in der unmittelbaren Nähe des Wohnorts von allen genutzt werden können und abseits des hektischen Alltags Raum zur Individualisierung bieten. Während St. Pöltens Grünflächen im Süden der Stadt einen relativ großen Anteil solcher Orte aufweisen, besteht im Norden jedoch noch Verbesserungsbedarf.

St. Pöltens Norden als Park-Wüste?

Die unter www.st-poelten.gv.at veröffentlichte Liste der Spielplätze in der Stadt führt im Norden St. Pöltens in den Grenzen Doktor-Adolf-Schärf-Straße, Wiener Straße, Hauptbahnhof und Karlstettner Straße die Dr.-Karl-Reinthaler-Gasse, die Zehengruber Straße, die Dr.-Rudolf-Kirchschläger-Straße, den Florianiweg, die Gartenstadt Kremserberg, die Heinrich-Schneidmadl-Straße, die Goethestraße, den Schwesternpark, und die Thomasgasse als Orte mit Spielplätzen an. Während Kinder also genug wohnortnahe Möglichkeiten zum Herumtollen vorfinden, nennt die Kategorie „Parks“ für denselben Bereich namentlich bloß den „Kienzlpark“, dessen gerade einmal 2.249m2 große Fläche jedoch zum Großteil von einem Hartplatz für Fuß- und Basketballspieler eingenommen wird. Abgesehen von der sich durch die Stadt ziehenden Traisenpromenade und ihren Auen sowie dem Rad- und Fußweg entlang des Mühlbachs existieren somit kaum öffentlich zugängliche, attraktive Naherholungsgebiete für Erwachsene.

Der Norden der Stadt, adaptiert aus Google Maps

Angrenzende Grünräume sind jedoch nicht zentral gelegen oder fußläufig kaum erreichbar: Der Willi- Dungl-Park und das „Seeerlebnis“ des Viehofener bzw. Ratzersdorfer Sees im Norden liegen als Naherholungsgebiete am Rande der Stadt gute zwei Kilometer Luftlinie vom Hauptbahnhof entfernt und sind im ersten Fall kaum, im zweiten Fall überhaupt nicht von Wohnanlagen umgeben. Die Nutzung des städtischen Friedhofs (Friedhöfe werden in vielen europäischen Ländern auch als offene Parkanlagen bewirtschaftet) wird durch die entlegene Lage ohne motorisierte Anreise ebenso erschwert.

Eine weitere Option für Grünflächen in der Stadt, wie die großen, zusammenhängenden Grünflächen entlang der Austraße (WWE-Gründe) sowie der Herzogenburger Straße (ehemaliges Glanzstoffareal) oder der Heinrich-Schneidmadl-Straße (Fachhochschule) zeigen die Grenzen des Möglichen auf: Diese noch schlummernden Ruheräume sind entweder nicht öffentlich zugänglich und wurden bereits für Wohnbauprojekte umgewidmet, die in Kürze als neue Stadtteile eine bestenfalls halböffentliche –primär für die MieterInnen der Wohnanlagen offenstehende – Nutzung erfahren sollen oder überhaupt zu Gunsten der Fachhochschulexpansion aus dem Stadtbild verschwinden. Somit stellt sich die Frage, welche Grünflächen den Menschen im Norden St. Pöltens in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen werden?

SK-Sturm-19-Platz mit Grünanlage, aus Google Maps

Frei zugänglicher Park oder abgezäunte Wildnis?

Die Nutzung vorhandener Ressourcen und deren Attraktivierung sind daher wesentliche Faktoren, um den öffentlichen Raum auch im Norden St. Pöltens aufzuwerten und gerade auch in der Nähe des Landesklinikums eine grüne Oase vor den Toren der Innenstadt zu gestalten. Eine hierfür in Frage kommende Fläche ist das als Spielplatz gelistete Areal „Zehengruber Straße“: Die ursprünglicheParkanalage mit Kastanienbäumen wurde vor wenigen Jahrzehnten zugunsten einer weiteren Trainingsfläche des SK Sturm 19 um mehr als die Hälfte reduziert und mit einem kleinen Spielplatz versorgt.

Trainingsflächen für Sportvereine sind besonders im innerstädtischen Bereich wichtig, doch wie sieht die Nutzung des neuen Platzes im Jahr 2018 aus? Anfang Juni schießen Gras und Unkraut 30 Zentimeter aus dem Boden, Tornetze sind zerrissen und teilweise liegt Müll im Gelände. Von einer intensiven Nutzung kann keine Rede sein, anstelle eines großen Parks mit schattenspendenden alten Bäumen trennt ein Maschendrahtzaun die unbenützte Ödnis von einem Rumpfpark, dessen Struktur im Wesentlichen aus einem Weg mit angeschlossenem Kleinstspielplatz besteht.

Ödnis am Trainingsplatz © Bürgerplattform Pro Sankt Pölten

Die alten Kastanien weisen noch auf die einstige Größe der Anlage hin, die als Ort zum Verweilen, Erholen und Genießen einlud, momentan jedoch definitiv weitere Attraktivierungsmaßnahmen benötigt. Denn besonders in innerstädtischen Gebieten hat die Förderung grüner Lungen und Parkanlagen eine große Bedeutung, um die Verweildauer in diesen und damit auch die Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt zu verstärken. Die vielfältigen Möglichkeiten zur Nutzung öffentlicher Grünräume als Orte der Entspannung, des Sports, des Kontakts und der Kommunikation unterschiedlicher Generationen und Kulturen sowie der Feste und Veranstaltungen sind es schließlich auch, die Parkanlagen auch in der Gegenwart zu dem machen, was sie sein sollten: Einzigartige Naherholungsräume und Lungenflügel, die gemeinsam mit den Plätzen der Stadt diese beleben und atmen lassen.

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